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Wärme, Wald und Widersprüche

Aktualisiert: 24. März

Dieser Beitrag ist ein Gastkommentar. Er wurde von einem externen Autor verfasst und gibt dessen persönliche Meinung wieder. Die Verantwortung für den Inhalt liegt allein beim Verfasser. Die MIR übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit oder rechtliche Zulässigkeit der Angaben.


Kommentar - Wenn man dieser Tage durch die Flottsteller Straße in Michendorf spaziert, fällt einem nichts Besonderes auf. Ein Stück Natur, ein altes Telekom-Gelände, ein wenig Brachfläche – nichts, was auf ein Schlüsselprojekt der kommunalen Wärmewende schließen lässt. Und doch: Genau hier, so scheint es, soll der ganz große Wurf gelingen. Ein Rechenzentrum soll gebaut werden, dessen Abwärme künftig ganze Wohngebiete beheizt. Klingt visionär. Klingt effizient. Klingt nach Zukunft. Aber warum fühlt es sich bei vielen trotzdem falsch an?


Denn während andernorts in Michendorf über Jahre hinweg mühsam an Bebauungsplänen gefeilt, verschoben, diskutiert und wieder eingestampft wird, scheint hier plötzlich alles ganz leicht zu gehen. Baurecht auf Knopfdruck – nur weil die Nutzung in ein Wärmekonzept passt? Das ist zumindest der Eindruck, den einige gewinnen. Und dieser Eindruck sorgt für Unmut. Nicht, weil man grundsätzlich gegen Wärmeplanung oder Klimaschutz ist – ganz im Gegenteil. Sondern weil man sich fragt: Wo bleibt eigentlich die Strategie? Wo die Gleichbehandlung? Und warum bekommt ein Rechenzentrum im Wald Vorrang, während das längst beschlossene Gewerbegebiet an der Feldstraße weiter auf Umsetzung wartet?


Gerade bei der Feldstraße stellt sich die Frage nach Prioritäten besonders scharf. Seit fast 20 Jahren begleitet die Gemeinde dieses Projekt. Eigentümer haben investiert, Konzepte wurden entwickelt, Studien in Auftrag gegeben – nicht zuletzt auch mit Geldern aus dem Gemeindehaushalt. All das mit dem Ziel, das Areal zu einem wirtschaftlichen Erfolg zu führen. Es wäre nur konsequent, zuerst hier voranzugehen, bevor man neuen Projekten im Landschaftsschutzgebiet Tür und Tor öffnet.


Stattdessen scheint man bereit, für das Rechenzentrum auf dem Telekom-Gelände im Eilverfahren Baurecht zu schaffen – obwohl viele Fragen noch offen sind. Wer soll die Wärme eigentlich nutzen? In den betroffenen Wohngebieten stehen fast ausschließlich Einfamilienhäuser. Sollen deren Eigentümer nun verpflichtet werden, sich ans Netz anzuschließen – so wie einst beim Thema Abwasser? Wird die Gemeinde am Ende doch auf den Anschluss- und Benutzungszwang setzen, wenn sich zu wenige freiwillig beteiligen? Will man diese Auseinandersetzung wirklich führen?


Die Diskussion ist komplex, keine Frage. Doch der Frust ist greifbar. Michendorf, so scheint es, fängt an vielen Stellen an – und wird nirgends richtig fertig. Mal ist es der Kita-Ausbau, mal der Bahnhof, jetzt die Wärmewende. Alles wichtige Projekte, keine Frage. Aber wer überall gleichzeitig losläuft, kommt selten konzentriert ans Ziel. Dass nun ausgerechnet ein Waldgrundstück im Landschaftsschutzgebiet der Türöffner für ein ambitioniertes Abwärmeprojekt werden soll, macht es nicht leichter.


Was fehlt, ist ein Plan, der diesen Namen verdient. Eine Reihenfolge, eine Gewichtung, ein Gesamtbild. Und das Vertrauen der Bürger, dass Entscheidungen nicht nur schnell, sondern auch gerecht getroffen werden. Wärmeversorgung ist wichtig. Klimaschutz auch. Aber gute Verwaltung bedeutet mehr als Tempo. Sie braucht Richtung – und das Vertrauen, dass sie für alle gleich gilt.


Vielleicht ist genau jetzt der Moment, innezuhalten. Nicht um alles zu stoppen. Aber um klarzumachen: Auch wenn’s ins große Bild passt – jedes Projekt braucht seine eigene Prüfung. Und: Gute Strategie ist nicht das, was auf dem Papier am grünsten aussieht, sondern das, was die Menschen vor Ort überzeugt. Und das, was bereits begonnen wurde, verdient es, auch endlich zu Ende gebracht zu werden – bevor man an der nächsten großen Vision baut.

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